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herbert - scale |
accidental |
Nach "Plat Du Jour", einer politisch aufgeladenen und popmäßig völlig entschlackten Lebensmittelmusik zwischen Biofleisch-Brutzeln und Apfelbiss, serviert Matthew Herbert als nächsten Gang das Kontrastprogramm von "Scale", das vor swingenden Rhythmen, Harmonien und opulent-melodischem Songwriting nur so überquillt. In ausladenden Arrangements verkuppelt Herbert seine Samplingkunst mit Hollywood-Soundtrack- oder Broadway-Kitsch: Mächtige Bläser und fast aufdringlich süße Streicherakzente packen seine Jazz-House-Beats und die seidigen Stimmen der SängerInnen Dani Siciliano, Neil Thomas und Dave Okumu in rosarote Watte. Die natürlich auch bei "Scale" praktizierte Soundpolitisierung - als Rahmenthema wurde die Erdölindustrie gewählt - wird dazu auf Papier nachgereicht.
Herberts Anspruch, keine vorgefertigten Klänge und Samples zu benutzen, sondern vom kleinsten Klöppelsound bis zum Kammerorchester alles selbst aufzunehmen - ganze 723 Objekte, die als Klangquellen benutzt wurden, sind diesmal ausgewiesen -, ist bekannt. Die Rolle des Komponisten, Arrangeurs und Dirigenten füllt er mit ebenso manischem Perfektionismus aus wie die des Soundtüftlers. Ähnlich wie Jamie Lidell auf seiner letzten LP Multiply erliegt damit auch Herbert einer Art Authentizitätszauber und stellt den akustischen Hollywoodschmalz seiner Streicher- und Bläsersätze so echt nach wie möglich. Gerade diese Meisterschaft verbreitet an manchen Stellen einen etwas schalen Nachgeschmack, da mit den Standards kein kreatives Spiel betrieben, sondern eher eine Passform ausgefüllt wird - dies allerdings so schwungvoll und gelungen, dass gegen den Charme der Songs einfach nicht anzukommen ist.
www.magicandaccident.com
(2006.05.26, 16:20) |
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