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burial - untrue |
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Es wird keine Interviews mehr geben. Burial, dessen richtiger Name noch nicht mal bekannt ist, hat beschlossen, sich ab sofort überhaupt nicht mehr über seine Musik zu äußern. Ausgerechnet jener Produzent, der vor etwas mehr als einem Jahr Dubstep zu einer Musik der Künstlerpersönlichkeiten machte und nun mit "Untrue" bereits sein zweites Artist-Album veröffentlicht, will sich als Individuum ganz aus dem üblichen Betrieb zurückziehen und vollständig in seiner Musik verschwinden. Burials Haltung ist im Grunde nur konsequent: Seine Musik erzählt schließlich genug.
Auf "Untrue" verwandelt er einmal mehr Dubstep, eine im Süden Londons aus Drum'n'Bass, Ragga und Rave-Abfall destillierte Tanzmusik, die ursprünglich wegen ihrer extremen Sub-Basslastigkeit außerhalb der Clubs kaum wirklich erfahrbar war, in ein Spiegelkabinett der Seelenlandschaften. Den physischen Impact der Sound-Masse ersetzt Burial durch Pathos: durch bedrohliche, zähflüssige Harmonieflächen, durch erhabenes, ja tragisches Wabern und Rauschen, das sich tausendfach in barocken Hallräumen bricht und nur allmählich verliert. Der Klang von Düsternis, von Melancholie und süßen Hoffnungsschimmern wird verzerrt, gestaucht oder in digitalen Endlosschleifen zurechtgebogen. Was auf den ersten Blick wie ein zufälliges Durcheinander der einzelnen Spuren und Geräusche wirkt, formt sich schließlich zu Songs. So werden Beat und Bass nur mehr als Folie für großes sonisches Gefühlskino benutzt, das in erster Linie durch seine sphärischen und emotionalen Qualitäten überzeugt.
Burial bannt den Alltag oder besser: die Allnacht Süd-Londons als verwaschen-graues Szenario in einem Manga gewordenen Film Noir. "Homeless", "Raver", "In McDonalds" lesen sich beispielsweise die Stücktitel dieser episch-cinematischen Endzeitmusik. Einige wenige Wortfetzen aus Gesprächen mit ihrem mittlerweile verschwundenen Regisseur sind noch überliefert, zum Beispiel dieser: "Launenhaftigkeit hat diese Tunes gemacht, nicht ich."
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(2007.11.16, 15:10) |
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