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nôze - songs on the rocks
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Die zwei Kerle sind so ungestüm in die Clubs dieser Welt getrampelt, als hätten sie es darauf angelegt, dort noch die letzten Reste Coolness zu zerstampfen. Bei den Auftritten des Pariser Duos Nôze gab es unbeholfene Strips in der DJ-Kanzel, Oben-ohne-Performances und besoffene Umarmungen, mehr gegrölte als gesungene Texte, explizite Aufforderungen zum Schnapskonsum statt verschlüsselter Hinweise auf die üblichen Nonstoppartydrogen. Kurz gesagt: Volksfeststimmung war im House. Und nun wollen Ezechiel Pailhès und Nicolas Sfintescu mit ihrem dritten Album ausgerechnet unterkühlte "Songs On The Rocks" servieren? Aber was sollte man angesichts soviel Unernsts auch noch für bare Münze nehmen: Der Titel führt selbstredend in die Irre. Das Party-Humor-Promille-Programm wird von Nôze sogar um eine noch emotionalere Seite ergänzt, ganz im Sinne einer neuen Afterhour-Definition: Sie vertonen die tiefen Gefühle, den beinahe unerträglichen Weltschmerz, der Clubber übermannt, die schon um zwei Uhr früh total blau aus dem Club in die Gosse hinaus wanken. (Siehe zum Beispiel die Kater-Version ihres Hits "Kitchen", in dessen Refrain "I'll make you come all night long" plötzlich eine ganz andere Bedeutung mitschwingt.)

Die Künstler selbst halten sich mit derlei Überlegungen allerdings nicht lange auf. Zur Frage übercoolisch vs. gefühlig haben sie eine in ihrer nonchalanten Art für Nôze sehr typische Antwort parat: "Dieses Album spielt sich auf halbem Weg zwischen feiern, trinken und zu Hause bleiben ab. Und es hat viel mit Alkohol zu tun, daher dachten wir, dass 'Songs On The Rocks' der passende Titel ist." Und à propos blau: "Wir wollten immer schon elektronischen Blues machen. Als Kind wollte ich später mal ein berühmter Blues-Sänger werden." Ein Traum, den sich Nôze mit dem "Childhood Blues" nun verwirklicht haben, einer bitteren Swing-Ballade auf die Leiden der Kindheit, vorgetragen mit eigens vom Tom-Waits-Reibeisen bearbeiteten Stimmbändern. Dabei war man unten auf dem Parkett gerade kurz davor, ein Loblied auf den kindlichen Unernst in der Dance Music anzustimmen. Aber auch Pailhès und Sfintescu, die vermutlich größten Kindsköpfe, die man derzeit in House-Clubs antreffen kann, haben es eben nicht leicht.

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last updated: 2009.08.26, 10:29