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glitterbug - supershelter |
c.sides |
Man darf elektronische Tanzmusik ruhig ernst nehmen in ihrem Anspruch, Paralleluniversen erschaffen zu wollen. Alltagsfluchten, bessere Welten, Utopien. Daher könnte man in einer Besprechung von Glitterbugs Debütalbum "Supershelter" allerhand über Club-Kobolde lesen, die überall auf ihren Wegen kleine weiße Steinchen verteilen, um schnell wieder von Orgeldröhnen zurück zum House-Beat oder weiter zu organischem Techno-Minimalismus zu finden. Man könnte erzählen, wie selbstverständlich sich Rave-Fuchs und Pop-Häschen hier guten Tag sagen und wie toll überhaupt alle in diesen Musik gewordenen Märchenlandschaften miteinander klar kommen.
Doch gerade bei jemandem wie Glitterbug alias Till Rohmann aus Köln, der seit einigen Jahren c.sides, ein wichtiges Festival für elektronische Musik und Kunst in Israel, organisiert, greift das olle Gut-Böse-Schema unserer Märchenwelten ziemlich daneben. Man darf sich seine Musik viel eher wie einen japanischen Manga vorstellen, in dem Pathos, Humor, Trauer und ein großes Glücksgefühl immer auf das Bezauberndste durcheinander gehen.
Rohmann wird vielleicht öfter lesen müssen, dass sein "Supershelter" zu verwinkelt gebaut sei oder schlicht zu viele verschiedene Räume habe, um darin die Übersicht zu behalten. Doch Vielfalt und Pluralität der Stimmen sind hier eine Zier, und eines gilt für alle diese Tracks: Glitterbug macht wahr, was bei seinen Kölner Freunden von Kompakt nach all der Routine manchmal nur mehr ein wenig steril rüberkommt: Die 4/4-Bassdrum trommelt alles für große Sehnsuchtsmusik zusammen. Was bleibt, ist verwirrend, beglückend - und die Gewissheit, dass Utopien möglich sind.
www.csides.net
www.glitterbug.de
(2008.11.12, 18:06) |
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