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Les sœurs fâchées
 
In ihrem ersten Spielfilm lässt Alexandra Leclère mittels zweier grundverschiedener Schwestern die Gegensätze zwischen Paris und Provinz aufeinander knallen.
(2005.09.12, 19:34)

Für ihren ersten Spielfilm hat Alexandra Leclère auf plastische Antagonismen gesetzt: Paris gegen Provinz, stylish-kalt gegen ländlich-herzensgut, Isabelle Huppert gegen Catherine Frot. Alles, was in "Les sœurs fâchées" an eigentlich vernachlässigbarer Handlung passiert, entwickelt sich anhand dieser Reibungsfläche. Schon die ersten Einstellungen des Films machen die unüberbrückbaren Gegensätze zwischen den beiden Frauen deutlich: Louise (Frot), die als Kosmetikerin in LeMans lebt und ihre ältere Schwester in Paris besuchen will, schläft mit verrutschtem Hütchen auf ihrem Bahnsitz und kann auf Anfrage des Schaffners schusselig ihren Fahrschein nicht finden. Martine (Huppert) thront perfekt zurechtgemacht im kühlen Ambiente ihrer großbürgerlichen Pariser Wohnung am Frühstückstisch und fordert ihren älteren Mann schneidend dazu auf, bitte doch weniger laut zu atmen.

Als die Schwestern aufeinandertreffen - die eine voller Vorfreude auf ein Wiedersehen und der Hoffnung auf ein erfolgreiches Treffen mit dem Verleger, der eventuell ihren Roman veröffentlichen möchte, die andere schon vorab entnervt von der überbordend fröhlichen Schwester, die ihr gesamtes Wochenende in Unruhe bringen wird -, wird die unheilvolle Interaktion der beiden auf so greifbare Weise sichtbar, dass man diese sogar aus dem Zuschauerraum mit beinahe körperlichem Unbehagen verfolgt. Martine erstickt jede Lebensfreude im Kern und maßregelt Louise für ihre bäuerliche Unbekümmertheit; Louise beugt sich diesem strafenden Verhalten, bringt ihre Schwester gegenüber ihren erlesenen städtischen FreundInnen aber beständig in peinliche Situationen.

Mit der Zeit wird, wenig überraschend, offenbar, dass Martine unter ihrem scheinbar so prachtvollen bourgeoisen Leben und ihrer Gefühlskälte leidet - das grobe körperliche Verlangen ihres Mannes widert sie an, aber als Luxus-Hausfrau mit Kind ist sie finanziell von ihm abhängig -, doch auch wenn das Publikum mit seiner Sympathie eindeutig in die Arme Louises getrieben wird, so wird doch auch nachvollziehbar gemacht, wie nervtötend deren kindliche Begeisterung und unerschütterliche Großherzigkeit auf die Städterin wirken muss. Selbstverständlich ist "Zwei ungleiche Schwestern" damit ein zutiefst französischer Film, der die immense Kluft zwischen Metropole und Province greifbar macht und streckenweise allzu begeistert auf der Klaviatur des Gegensatzes zwischen Landei und Pariserin herumhämmert. Aber es ist auch ein fein gezeichnetes Porträt von Huppert als einer pathologisch unzufriedenen Frau, der es aufgrund ihrer sozialen Umstände unmöglich ist, ihr Unbehagen zu bekämpfen oder auch nur zu artikulieren - und die deswegen versucht, nicht nur jede positive Regung in sich selbst, sondern auch in allen anderen zu unterdrücken. Dass es am Ende keine echte Versöhnung zwischen den Schwestern gibt, sondern nur eine winzige Geste, ist da nur konsequent. | intro sep 05
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