Justine Electra
Die in Berlin lebende Australierin hat mit "Soft Rock", ihrem Labeldebüt bei City Slang, eine Platte ohne Genres gemacht, die vor allem eines ist: weich. Und schön.
(2006.09.04, 20:28)
Als hätte man es nicht geahnt: Die besten Namen geben die Eltern. Denn Justine Electra heißt - unter anderem - wirklich so. Justine Carla Electra Beatty. Und was man noch irgendwie geahnt hat, ohne es sich eingestehen zu wollen, weil es so banal besserwisserisch klingt: Die beste Musik ist letztlich die, die sich klaren Kategorisierungen verweigert. Weil man zu ihr nicht sagen kann: Das ist jetzt aber eine gute R'n'B-Platte oder eine schlechte R'n'B-Platte und die eigentlichen Punkte auf die schon vorhandenen Punkte des Genres drauf zählen darf. Sondern weil man immer bei 0 anfängt und fragt: Was ist das überhaupt für eine Platte? Wo kann die im gegebenen Rahmen existieren? Und weil sie das eben nicht kann, da auf ihr Sachen passieren, die eigentlich so nicht vorkommen oder kombiniert werden dürfen, wird mit jeder dieser raren Platten der saturierte Focus der Musikbetrachtung in eine neue Form geboxt.
Mit einer Platte wie jener, die die seit fünf Jahren in Berlin lebende Australierin Justine Electra endlich bei einem Label statt wie vorher im aufreibenden Eigenverlag rausbringt.
Justine hat in einem australischen Hippie-Dorf zeitgenössische Musik studiert, als Elektronik-DJ Platten aufgelegt und mit dem Sonar Kollektiv, Tarwater und Static kollaboriert, bevor
City Slangs Christof Ellinghaus vor ihrer Musik in die Knie ging. Und das Einzige, was auf "Soft Rock" sichtbar die Fäden zusammenhält, ist tatsächlich das Sentiment des Weichen, Anti-Rockistischen, das aber trotzdem reichlich von Elementen des Rock Gebrauch macht. Man kann dabei nicht mal sagen, ob Justine eher Rock oder Elektronik ist, denn es gibt hübsche bis bizarre Samples, Gitarre mit und ohne Strom und immer Justines zarten Gesang, gedoppelt und getripelt; und darüberhinaus gibt es eine verwirrende Vielfalt aus Folk, Indie, Electro, Blues, R'n'B, Country, Kinderlied und Experiment, und nichts davon klingt je wie eine bemüht verkitschte Genre-Transgression aus Kraut und Rüben, sondern einfach nur wie wunderbare, verstörend betörende Musik, die vorher noch niemand gefunden hat. |
intro juni 06