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Ladies can you feel the beat?
 
Sleater-Kinney beweisen mit ihrem sechsten Album "One Beat" krachend, dass sie immer noch die beste Rockband Amerikas sind. Und wenn's nach mir geht: der ganzen Welt.
(2002.10.01, 18:01)

Janet Carrie Corin we hear you

When violence rules the world outside / And the headlines make me want to cry
It's not the time to just keep quiet / Speak up one time TO THE BEAT

(aus "Step aside")

Sleater Kinney - One Beat

Die Band, die sogar die altehrwürdige Times "America's best rock band" nannte, meldet sich nach zweijähriger Pause endlich mit neuer Platte zurück. Und kann mit "One Beat" (Kill Rock Stars) den Anspruch auf diesen Titel, den sie sich sicherlich nicht von dieser Zeitschrift gewünscht hat, noch weiter einzementieren. In einer Zeit der Rockeuphorie, in der die Industrie dutzendweise Nachwuchsbands mit dem signifikanten "The" im Namen auf den Markt wirft, stehen Sleater-Kinney weit abseits vom Hype und verfeinern konsequent ihren ganz eigenen Entwurf von sich ständig erneuerndem Gitarrenrock. Seit "Dig Me Out" lebte die Band während der Produktion des neuen, sechsten Longplayers erstmals wieder gemeinsam in einer Stadt, denn Carrie Brownstein ist mittlerweile Corin Tucker und Janet Weiss nach Portland nachgezogen. Nachdem Corin - für mich recht überraschend - eine Familie gegründet und ein Baby zur Welt gebracht hatte, war dieses Jahr wieder genug Luft für ein neues Album und eine US-Tour (mit Europa wird vorerst leider nichts).

"One Beat" knüpft musikalisch da an, wo die 2000er-Platte "All Hands On The Bad One" aufgehört hatte. Das Album bietet treibenden, noch weiter ausgereiften Rock, der hier mit einem ausgedehnten Repertoire aus Streichern, Bläsern und Keyboard angereichert ist und auch mal Soul-, Blues- oder Wave-behaucht sein kann, grundsätzlich aber immer nach dem ganzen eigenen SK-Rockbrand mit seinen kompliziert ineinander verwickelten Gitarren und Janets ultrapräzisen Drums klingt. Auch die Stimmen von Tucker und Brownstein haben sich noch weiter entwickelt, wagen sich noch weiter vor, experimentieren mit verschiedenen Lagen bzw. Stimmungen und erreichen dabei gerade durch ihren perfekt ineinanderpassenden Dialog eine soghafte Intensität. Mit ihren Lyrics gehen die Ladies ebenfalls einen Schritt nach vorne und schlagen dabei einen Bogen von der Introspektion düsterer Seelen-Ecken zur glasklaren Gesellschaftskritik. Besonders die Ereignisse um den 11.September 2001 und der daraus resultierende Hauruck-Patriotismus in den USA werden mit harschen Worten zurückgewiesen. In "Combat Rock" heißt es scharf und unmissverständlich:

Show you love your country go out spend some cash Red white blue hot pants doing it for Uncle Sam Flex our muscles show them we're stronger than the rest Raise your hands up baby are you sure that we're the best?

Quite unamerican für Amerikas tollste Rockband, solche Aussagen, aber vielleicht sollte hier auch noch mal ausdrücklich gesagt werden, dass Sleater-Kinney, die fest in ihrer Riot Grrrl/Punk-Community verwurzelt sind und auch nie den Verlockungen eines Major Labels erlegen sind, einen Dr... auf diese Adelung durch das Times Magazine gegeben haben. So meinte Janet Weiss in einem Interview mit Addicted To Noise über den Moment, als sie von der Story erfuhren: "The funny thing about it is we were in a gas station - - we were on tour and we were in a gas station ... The guy who came with us to sell our T-shirts was like, 'Oh look, here, you're on Time magazine.' 'Oh really? Wow, look, we're on Time magazine. What does it say? Oh, God, that's horrible, get back in the car.' Then we drove to the next town."

"One Beat" von Sleater-Kinney ist bereits am 20. August bei Kill Rock Stars / Trost erschienen. | fm4.orf.at sep 02
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