Die Tussi und das F-Wort
Eines vorweg: Ich wollte dieses Heft wirklich lieben, um jeden Preis. Als im August 2000 Tussi Deluxe debütierte, machte mein Herz einen kleinen Hüpfer...
(2002.07.26, 19:30)
Eines vorweg: ich wollte dieses Heft wirklich lieben, um jeden Preis. Als im August 2000 Tussi Deluxe mit einem Titelblatt debütierte, auf dem eine kesse patronenenbegürtete Bikinihüfte zu sehen war - statt mit richtiger Ammo mit Tampons bewaffnet - machte mein Herz einen kleinen Hüpfer und ich dachte mir: endlich, ein hippes, amüsantes und gut lesbares Monatsmagazin für die szene- und styleorientierte Feministin, bei der sich Diskurs auch mal auf Popkultur reimt.
Aber genau da fangen die Probleme auch schon an. Obwohl eigentlich alle Artikel im 'guten feministischen Glauben' geschrieben sind, würden sich die Autorinnen wohl lieber den Mund mit Seife auswaschen, als sich selbst des Feminismus zu bezichtigen. Aus der Selbstvorstellung der Redaktion erfahren wir, dass eine Tussi Deluxe eine Frau ist, die sich nicht emanzipieren muss, "denn wir sind die nächste Generation und setzen Emanzipation als gegeben voraus". Na, dann läuft ja alles wie am Schnürchen und die richtige Tussi kann sich weiterhin unbekümmert den Verlockungen der Warenwelt hingeben.
Aber nein, die langen Modestrecken und redaktionellen Produktbewerbungen sind es nicht, die ich dem Magazin vorwerfe. Vielmehr stört mich die stellenweise dilettantische und schlampig lektorierte Schreibe, die so gar nicht ins Hochglanzambiente des Super-Layouts passen will, und die völlige Uninformiertheit in Sachen aktueller Feminismus, die mancherorts erschreckend hervorblitzt. So heißt es in einer durchaus wohlgesonnenen Rezension des neuen Buches von Alice Schwarzer, die passenderweise neben der (extrem blauäugigen) Besprechung von Leni Riefenstahls Memoiren steht (!), "Bei Feminismus läuft vielen kalter Schauer über den Rücken und wer denkt nicht an lila Latzhosen oder Schwanz ab!-Parolen".
Auch ein Gespräch zwischen vier "modernen" Frauen um die dreißig, die alle völlig unreflektiert über die bedauerliche Notwendigkeit von Schönheitsoperationen ab einem gewissen Verfallsdatum plaudern, lässt mich nach Luft ringen. Da können auch die vielen lustigen Illustrationen und peppig-ironischen Formulierungen, die unzähligen coolen Gadgets und Trends, die das Heft füllen und die durchaus auch meinen Stylenerv treffen, nichts mehr retten: das wird nichts mit uns beiden, liebe Tussi. Ich werde dich zwar auch noch in Zukunft gerne durchblättern und mich an deinen Trash-Pop-News delektieren, aber das mit der großen Liebe, das is' nix.
Tussi Deluxe Monatsmagazin. Ab März 01 am Kiosk erhältlich. A.E.C Geronimo Verlag / Datteln, Deutschland. | nylon märz 01