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Niobe
 
Die komplexen Soundgebilde von Yvonne Cornelius a.k.a. Niobe entziehen sich jeder Kategorisierung - und klingen trotzdem eher nach entspanntem Groove als nach Heavy Listening.
(2004.10.12, 21:07)

The thinking woman's electronica, würde man die Musik von Yvonne Cornelius a.k.a. Niobe gerne griffig beschlagzeilen - wenn sich nicht das Infozettelchen zu "Voodooluba" (Sonig / Rough Trade) in weise vorauseilender Listigkeit genau diesen Terminus für die hoch komplexen Soundgebilde der Wahlkölnerin verboten hätte. Völlig zu Recht natürlich, denn das, was die klassisch ausgebildete Sängerin, die auch die letzte Mouse-on-Mars-Platte mitbesang, auf ihrem mittlerweile dritten Album bietet, ist viel ausufernder und dabei doch filigraner als alle Permutationen des vagen Terminus'.

Auch wenn die neuen Tracks nach dem Debüt auf Tomlab und dem Nachfolger auf Sonig viel stärker den Ansatz zur klassischen Songstruktur erkennen lassen, macht Niobe doch immer noch Stücke, die sich quasi von hinten wieder selbst auffressen und damit apodiktisch "Pop will eat itself!" rufen. So sind nicht mal die Genretöpfe, aus denen sich Yvonne Cornelius bedient, eindeutig zu verorten: Nach fernen Aufnahmen klingender, smoother Jazz-Gesang, fernöstliche Opernmelodien, tribale Stampfrhythmen, Latino-Sounds, hörspielartige Stimmfetzen, Klanginstallations-Geräusche und ein Daft-Punk-Sample sind nur ein Bruchteil dessen, was sich zwischen Dada-Überdrehtheit und schwelgerischer Schwermut tummelt - das eindeutig vorhandene Popbewusstsein wird beständig von träge kreuzenden Hochkultureinlagen torpediert. Interessant dabei ist vor allem, dass Cornelius trotz ihrer Ausbildung so respektlos und dekonstruktivistisch mit Stimmen umgeht. Eine angenehme Form von Selbstironie ist unüberhörbar, wenn dieses "kostbare" Organ wiederholt zu einem Plastik-artigen Mickey-Mouse-Quäken gepitcht wird und damit der Eindruck eines durchgeknallten Comic-Universums aus Musik statt Bildern geschaffen wird. Statt angestrengten Heavy Listenings kommt "Voodooluba" dabei aber mit einem entspannten Groove um die Ecke, der wegen Nicht-Erfüllung jeglicher Erwartungshaltung über die gesamte Länge die Spannung oben hält. | intro okt 04
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