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Greta Schloch
 
Wer erinnert sich nicht mehr mit freudigen Schauern an Greta Schlochs Hymne "Alter"? Auf dem Nachfolger "Die nackte Schloch" ist die Lübeckerin so erfrischend distanzlos wie eh und je.
(2005.04.05, 14:55)

Der wunderbar besoffen genölte Refrain von Greta Schlochs Über-Geheimhit "Alter", "Lieber ne Flasche Bier als Freund als ne Flasche als Froooind", steckt vielen wahrscheinlich noch heute wohlig penetrant im Ohr. Doch da diese auf dem Stolz & Vorurteil-Sampler enthaltene Hymne nun trotz ihrer quasi universellen Gültigkeit schon einige Jahre auf dem Rücken hat, versorgt die distanzlose Lübeckerin mit dem plattdeutschen Slang uns nun zum Glück mit einem neuen Werk, das dem letzten in puncto Groteske und Dreistigkeit in nichts nachsteht: "Die Nackte Schloch" (Plattenmeister / Indigo). Denn normalerweise ist pubertärer Absurdo-Fäkalhumor ja dem Typus des ewig postadoleszenten Lads vorbehalten und ruft ein gelangweiltes bis angewidertes Gähnen auf den Plan. Greta Schloch hingegen weiß Magie aus der braunen Brühe zu destillieren. Wenn sie in ihrer besten, verhallten Kinderliedstimme über Kirmesmusik Zeilen singt wie "Du bist so klug wie Waldi / sag ich Platz machst du Sitz / Ich weiß auch du bist sehr schön / du bist so schön wie Scheiße", lässt es sich kaum vermeiden, dass sich die Mundwinkel höchst amüsiert nach oben biegen. Auch der extra-norddeutsche Akzent der Musikerin, der schon bei "Alter" so trefflich saß, passt in Akustik-Liedchen wie "Bidde nich" noch eins A.

Schön ist, dass sich Schloch in ihren kurzen Stücken, die meistens zwischen zerschrebbelter Trash-Gitarre und vermeintlich lieblichem Orgel-Kiddy-Lied mit gepitchter Stimme changieren, ein derbes, absurdes Comedy-Element zu eigen macht, das normalerweise nur männliche Kollegen für sich in Anspruch nehmen. Den (Anke-Engelke-)Reflex, dass Komödiantinnen stets auch auf ihren Körper verwiesen werden, bedient Greta mit dem Titel "Die nackte Schloch!", um ihn dann gleich wieder, zumindest teilweise, zu unterlaufen: "Und bekomm ich keinen Applaus / zieh ich mich aus." Sketche wie "Beim Arbeitsamt", die sich aus unverdächtigen Alltagssituationen in groteske Dialog-Eklats steigern, erinnern tatsächlich, in bester Manier, ein wenig an Helge Schneider. Aber Greta Schloch ist mehr als Humor, denn die 24 Lieder über tanzende Tapire, elektronische Vögel, goldene Pferde und die Liebe funktionieren auch auf einem unironischen, musikalischen Level: als minimalistische Miniaturen konkreter Poesie. | malmoe märz 05
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