Musik für Flughäfen
In Iris Hanikas zweitem Buch gibt es musikalische Anspielungen, popkulturelle Referenzen, aber auch lakonisch-herzzerreißendes zu enttäuschter Liebe.
(2005.07.19, 20:15)
Bei so einem Titel klingt es im popkulturellen Referenzsparschweinchen: "Music For Airports", 1978. Und tatsächlich taucht Brian Eno in einer der vielen kurzen Stories der in Berlin lebenden Schriftstellerin auf, die eher Betrachtungen denn Geschichten sind, und Marilyn Manson und Eminem und wunderbarerweise auch Britta kommen ebenso vor. Aber auch wenn diese Pop-Identitäts-Versatzstücke sehr charmant aus einer nicht krampfhaft um Conaisseurtum bemühten, sondern eher staunend-nachlässigen Ü40-Perspektive jenseits von Hipness-Diskursen beschrieben sind, sind es doch ganz andere Dinge, für die man sich in dieses Buch verliebt.
Denn
Iris Hanika, Autorin von "Das Loch im Brot", schreibt in ihrem zweiten Buch Sätze wie: "Viele kleine Kekse machen noch keinen Kuchen." Oder solche: "Der Mensch selbst wäre gern schöner, denn wenn er schöner wäre, stellt er sich vor, würde er in jeder Hinsicht mehr geliebt: mehr von denen, die er schon kennt, dazu noch von mehr, die er noch nicht kennt." Das sind Sätze, die banal bis schnoddrig klingen und aus dieser Deckung auf den Solar Plexus hauen, bis einem staunend die Luft ausgeht. Harmlose, beschreibende Worte reihen sich aneinander, skizzieren griffig Schönheit, die sich auf einmal zersetzt, erhitzen sich über die Blödheit der anderen und vor allem die eigene, und erst wenn man ganz durch ist und die Deckel zuklappt, merkt man wehmütig, was einem da alles mitgegeben wurde. Das Schönste an diesem Buch aber ist, dass Iris Hanika so toll über Liebe schreibt und dabei fast immer nur über enttäuschte. Weil sie genau weiß, dass eigentlich alle dauernd nur von enttäuschter Liebe lesen wollen.
Iris Hanika: Musik für Flughäfen.
Edition Suhrkamp 2005. |
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